
Wenn das Universum spricht
Gestern ist es wieder passiert: Ich wollte eigentlich diesen Blog schreiben und das Thema stand schon fest: Synchronizitäten. Das Laptop war hochgefahren, der Tee gekocht, ich hatte Zeit. Aber irgendetwas fehlte. Das Bauchgefühl sagte: Jetzt nicht. Also habe ich den Abend anders verbracht. Und als ich abends im Bett lag, kurz vor dem Einschlafen, da wusste ich plötzlich, was gefehlt hatte: eine der schönsten Geschichten über Synchronizitäten, die ich kenne. Das Kuriose: Vor einem Jahr hatte ich über diese Geschichte einen Zeitungsartikel geschrieben – und diesen just an diesem Tag aus dem Archiv gekramt, aus einem völlig anderen Grund. Die Verbindung zu diesem Blog war mir da noch nicht klar, obwohl ich ja bereits beschlossen hatte, über Synchronizitäten zu schreiben.
Und deswegen erzähle ich euch diese Geschichte von einer Augsburger Unternehmerin, die sich eigentlich darum dreht, wie sich dein ganzes Leben verändern kann, wenn du der Stimme des Universums folgst. Sina Trinkwalder ist diese Geschichte passiert, oder besser: Sie hat angenommen, was das Universum ihr auf dem Silbertablett präsentiert hat. Damals war sie die Leiterin einer erfolgreichen Werbeagentur. Trotzdem wusste sie irgendwie, dass das nicht alles gewesen sein kann, dass es noch mehr in ihrem Leben zu tun gibt. Eines Tages hatte sie nach einem Geschäftsmeeting ein folgenreiches Zusammentreffen mit einem Obdachlosen. Am Bahnhof entsorgte sie einen Stapel Frauenmagazine – Belegexemplare ihrer Arbeit. Der Obdachlose kramte die Magazine aus dem Müll. Und als Trinkwalder aus Neugier nachfragte, was er damit denn wolle, erklärte er ihr, dass er sich aus den Bildern Weihnachtsschmuck basteln würde – ein Zuhause und einen Weihnachtsbaum hätten er und seine Frau schließlich nicht, denn sie lebten ja auf der Straße.
Kurze Zeit späte saß die Unternehmerin im Zug und die Begegnung mit dem Obdachlosen hatte sie extrem berührt. Im Zug trifft man auf Geschäftsleute, Reisende – aber Trinkwalder traf erneut auf einen Obdachlosen. Ihm erzählte sie, dass sie mit ihrer Arbeit in der Konsumgesellschaft nicht mehr zufrieden sei und dass sie etwas tun möchte, dass ihr mehr Sinn gebe. Der Obdachlose sagte nur: So ein Quatsch. Arbeit müsse nicht Sinn für einen selbst machen, sondern für die Gesellschaft.
Als Trinkwalder wieder zu Hause war, wusste sie, was sie tun will: Ein Unternehmen gründen, in dem Menschen eine Arbeit finden, die sonst keine Chance mehr haben, an der Gesellschaft teilzuhaben. Inzwischen leitet sie das erfolgreiche Unternehmen Manomama. Über 150 Mitarbeiter, die durchs soziale Netz gefallen waren, stellen hier heute ökologische Produkte und Bekleidung her. Eines ihrer erfolgreichsten Projekte verdankt Trinkwalder einem weiteren Treffen mit einem Obdachlosen. Erneut am Bahnhof, diesmal auf einer Bank, kommen die beiden ins Gespräch. Und plötzlich entschuldigt sich der Mann für sein Aussehen und seine schäbigen Plastiktüten – aber etwas anderes habe er nicht, um seine Sachen zu verstauen. Trinkwalder hatte schon vorher von einer Firma gehört, die tonnenweise Reststoffe hat, die man recyceln könne. Sie wusste nur nicht, was man daraus machen könnte, bis zu diesem Moment: Rucksäcke für Obdachlose. Seitdem stellt die Unternehmerin auch Rucksäcke her, die sie kostenlos an Obdachlose verteilt. Für ihr Engagement ist sie bereits mehrfach ausgezeichnet worden.
Reiner Zufall oder mehr?
Deutlicher geht’s eigentlich nicht, wenn das Universum zu einem spricht, oder? Auch wenn sich das jetzt wie eine Geschichte anhört, die nur einer ganz Glücklichen passiert: Diese Synchronizitäten, kleine und große, sind jeden Tag da. Wir nehmen sie nur nicht wahr. Was wir alle schon mal erlebt haben: Du greifst zum Telefon, willst jemanden anrufen, und plötzlich ruft er dich an. Du denkst an jemanden und plötzlich schreibt er dir. Oder du denkst: „Hui! Aufpassen bei dieser Tomate und diesem Messer!“ Und schon hast du dir in den Finger geschnitten.
Vor zwei Wochen ist mir dies passiert: Ein Tag, bevor mein neuer Yogakurs starten sollte, ist mir plötzlich der Raum abhanden gekommen. Einen Mietvertrag gab es schon, obwohl sich alles nicht so richtig anfühlte. Und dann ist die Sache tatsächlich geplatzt und ich stand ohne Raum da. An diesem Morgen bin ich in die Stadt gefahren, um vor der Arbeit einen Cappuccino zu trinken, was ich sonst nie tue. In der Stadt begegnet mir eine Freundin, der ich die Geschichte von dem Raum erzählt habe. Sie wusste zunächst auch keinen Rat, wollte aber überlegen. Als ich eigentlich schon weg war – aber noch auf dem Parkplatz vor dem Auto stand, kam sie zurück geradelt und suchte mich. Ich solle doch mal im Würzburger Freiraum nachfragen. Das tat ich am gleichen Abend und veränderte meine Idee von einem Yogakurs in eine offene Acroyoga-Jam. Die Leute aus dem Freiraum waren total angetan, weil das genau in ihr Konzept passte. Seitdem biete ich eine offene und freie Acroyoga-Jam im Freiraum an – genau das, was ich eigentlich wollte.
Alles ist mit allem verbunden
Alles nur Zufall? Gewiss nicht. Den Begriff der Synchronizität hat Carl Gustaf Jung geprägt. Und der hat es so definiert: „Synchronizität ist die Gleichzeitigkeit eines gewissen psychischen Zustandes mit einem oder mehreren äußeren Ereignissen, welche als sinngemäße Parallelen zu dem momentanen subjektiven Zustand erscheinen.“
Gemeint sind damit zwei oder mehrere Ereignisse, die zuerst oder zeitgleich im Inneren passieren und dann im Äußeren, ohne dass sie kausal miteinander verbunden sind durch Ursache und Wirkung – also quasi eine Spiegelung deiner geistigen Welt und der materiellen Welt. Jungs wissenschaftliche Forschung geht natürlich noch viel weiter, aber Yoga kennt diese Verbundenheit von Geist und Materie schon viel länger. Das All-Eins-Sein: alles ist mit allem verbunden. Letztendlich ist alles reines Bewusstsein. Wir haben eben nur verlernt, diese Wahrheit zu sehen. Denn mit der materiellen Welt kommt die Unterscheidung: Ich identifiziere mich mit diesem und jenem, oder mit diesem und jenem nicht. Das mag ich – und jenes nicht. Kavailya ist im Yoga die Loslösung von diesen Verhaftungen, die Freiheit des Geistes oder auch die Rückkehr in dieses All-Eins-Sein. Und das sind auch diese kurzen Momente, in denen wir plötzlich die Sprache des Universums wieder verstehen, in denen alles einen Sinn zu machen scheint und auf magische Weise miteinander verbunden ist: Synchronizitäten.
Das Universum kommuniziert ja eigentlich ununterbrochen mit uns, wir verstehen nur die Sprache meistens nicht. Das meiste rauscht einfach so an uns vorbei, und wenn wir nicht mögen, was da passiert, nennen wir es einen „dummen Zufall“ oder Schicksal. Nur wenn es ganz offensichtlich etwas Gutes für uns ist, erkennen wir die Synchronizität an – und freuen uns wie verrückt, was uns da gerade Tolles passiert ist. Dabei passiert’s eigentlich den ganzen Tag! Denn alles, was passiert, geschieht im Einklang mit uns. Im Yoga gibt’s kein Richtig und Falsch, kein Gut und Schlecht, nur eine Vielzahl von Möglichkeiten. Und die verändern wir mit jeder Handlung, mit jedem Gedanken und jedem Gefühl. Wir schaffen uns also unsere eigene Realität. Probier’s aus: Stell dir eine Frage oder wünsch dir etwas und schau bewusst im täglichen Leben, wo es Antworten oder Hinweise gibt. Synchronizitäten zu suchen, ist eine wundervolle Beschäftigung, wie eine neue Fremdsprache zu lernen: universisch. Und selbst wenn man nur ein paar Wörter versteht, bringt einen das in einem fremden Land meilenweit voran.

